An den schmalen, länglichen und ledrig graugrünen Zweigen des Lavendelstrauches schießen die Blütenzweige empor, damit die blauviolette Blütenpracht Gerüche ausschicken kann, die jede Verwirrung fortjagen und die hilfreich sind, wenn Konflikte geschlichtet, geklärt oder bereinigt werden sollen. Die Pflanzenteile, also Stamm, Äste, Zweige, Blätter und Blüten sind aufrecht nach oben gerichtet. Er ist also kein Kraut, sondern ein kleiner Strauch, der Ruhe braucht, um wachsen zu können und der nicht oft umgepflanzt werden darf. Der Duft des, seit dem Altertum bekannten, aber erst im Mittelalter über Frankreich bei uns eingewanderten Heilkrautes und Gewürzpflanze bringt uns einen Arzneischatz in den Garten. Ganze Landstriche im sonnenüberfluteten Südfrankreich leben vom Lavendelanbau. Das hat seinen Grund: Lavendel ist ein Nervenmittel ersten Ranges.

Der Name Lavendel leitet sich vom lateinischen Wort lavare = waschen ab, wobei der starke, reinigende Charakter der Pflanze deutlich wird und schon seit altersher wird Lavendel und Lavendelöl zur Herstellung von Reinigungsessenzen, Seifen und Parfüms verwendet – wo es für blütenfrischen Duft sorgt und obendrein keimhemmend wirkt. Die Pflanze Lavendel unterliegt mit ihrem flüchtigen ätherischen Öl dem merkurialen Prinzip. Merkur, Sohn von Göttervater Jupiter und der Frühjahrsgöttin Maja, stahl, kaum, dass er laufen konnte, den Dreizack Neptuns und den Liebesgürtel der Venus. Schließlich wagte er sich sogar an die Kuhherde von Apollo. Des Diebstahls überführt und vor Jupiters Gericht stehend – brachte er mit viel Witz und großem

Verhandlungsgeschick Richter und Kläger schnell auf seine Seite. Er tauschte die Kühe gegen die Lyra und musste versprechen, nie mehr zu lügen. Dies tat er. Vater Jupiter war vom Verhandlungsgeschick seines Sohnes so angetan, dass er dieses Talent genutzt wissen wollte. So wurde Merkur als Botschafter und Vermittler zwischen Himmel und Erde, zwischen Göttern und Menschen eingesetzt. In der Astrologie herrscht Merkur über das Sternzeichen Zwilling und Jungfrau.

Im Juni, wenn die luftigen Seiten von Merkurs Charakter spürbar sind, ist seine Pflanze, der Lavendel in voller Blüte. Merkurs Pflanzen sind meist feingliedrig gebaut, wachsen aufrecht, rankend und sind von beneidenswerter schlanker Gestalt. Die Blätter der Heilkräuter des Merkurs können lanzettähnlich sein, nicht selten sind sie gefiedert. Seine Samen verbreiten seine irdischen Vertreter gerne mit dem Wind.

Den Charakter des Lavendels könnte man beschreiben als einen vorwärts strebenden Schöngeist auf der Suche nach Klarheit, Ordnung und Sauberkeit. Der auf viel Sonne eingestimmte „geistreiche“ Lavendel kann sich gut anpassen und gedeiht gerade deshalb in Gegenden des Mittelmeers so prächtig. Hellblau ist die Farbe des klaren Tageshimmels, der strahlenden Kühle und des offenen Geistes. Violett dagegen ist die Farbe des ausgleichenden Denkens, das gegensätzliche Ansichten zu einem Thema miteinander in harmonischer Weise verbinden kann. Der hellblauviolett blühende Lavendel verfügt also über hohe geistige Fähigkeiten, wobei er gegenteilige Ansichten miteinander in milder und beschwichtigender Weise arrangieren kann – in dem er offen, kühl und auf das Wichtigste konzentriert bleibt. Wohl deswegen bildet der Lavendel ätherisches Öl, das harmonisierend und ausgleichend wirkt und das einen klaren, kühlen Kopf bereitet.

In alten Kräuterbüchern ist zu lesen, dass Blüten wegen des Geruchs und zur Abhaltung von Insekten in die Kleiderschränke gelegt werden. Dies alleine ist nicht genug der Würdigung dieser großen Heilpflanze. Schon in Kräuterbüchern des 16. Jahrhundert ist die Vielzahl der Verwendung des Lavendels gewürdigt. Sie gehört zu den aromatischen Kräutern. Species aromaticae wurde sie liebevoll genannt. Aus Lavendelblüten destillierte man den Lavendelgeist Spiritus Lavendulae, ein Parfüm und das flüchtige Lavendelöl Oleum Lavendulae. Auch im Pestessig sowie zum Hoffmannschen Lebensbalsam Mixtura oleoso-balsamica wurde Lavendel gebraucht. Auch das Kölnische Wasser kann nicht auf Lavendel verzichten.

Kräuterpfarrer Kneipp verwendete Lavendelöl, 5 Tropfen zweimal des Tages auf Zucker zur guten Verdauung, gegen Appetitlosigkeit, Blutandrang zum Kopf, Übelkeit und sogar bei Gemütsleiden. Dem Lavendel schreibt er stärkende, reizende und Krampf stillende Kräfte zu. Bei Ohnmacht, Migräne und Schwindel wirkt er mit Erfolg. Das Kraut äußerlich aufgelegt, vertreibt das Kopfweh und den Schwindel, ausgelaugt dient es zum Waschen des Haupts und stärkt das Gehirn. Auch das Lavendelöl, so steht es geschrieben, ist für alle genannten Gebrechen gut.

In der Volksmedizin galt Lavendel als ein köstliches Kraut wider Gebrechen des Hirns und der Nerven. Schwindel, Schlag (Apoplex) mit ganzer oder halbseitiger Lähmung, fallende Sucht, Zittern und Lahmheit waren die Anwendungsgebiete von Lavendel. Das Kraut öffnet Leber und Milz, besonders wenn man Andorn, Zimt, Fenchel, Spargel und Eppichwurz (Sellerie) dazu nimmt. Die Blumen von Lavendel im Branntwein gelegt, sind eine gute Volksmedizin um die lahmen Glieder damit einzureiben. Das Kraut äußerlich aufgelegt, vertreibt das Kopfweh und den Schwindel.

Kräuterkundiger Johann Künzle fand den Lavendeltee als die wirksamste Anwendungsform. Der Tee wird vorzüglich gebraucht, um den Kopf von fremden Stoffen zu reinigen, er ist daher angebracht bei Augen- und Ohrenleiden. Lavendeltee ist wirksam wider den Schlagfluss (Apoplex), er verhindert diesen und bringt vom Schlage Gelähmte wieder zurecht. Auflagen von Lavendelblüten, in ein dünnes Säckchen genäht, benehmen das nervöse Kopfweh – sofern der Stuhlgang in Ordnung ist und keine Magenverstimmung vorliegt. Für erlahmte Glieder, Hände und Füße empfiehlt Kräuterpfarrer Künzle: „Nimm zu gleichen Teilen Lavendel, Salbei und Wacholderbeeren, siede dies mit Weiswein und reibe mit dem Absud die erstarrten Glieder öfters ein.“ Die Sammelzeit ist vor der vollen Blüte. Mit Sorgfalt gepflückt und gut gedörrt, sind die getrockneten Blüten ebenso aromatisch und wirksam wie die frischen Blüten des Lavendels.

Auch im Liebeszauber wurde schon immer Lavendel verwendet. Ein mit Lavendel parfümiertes Blatt Papier ist ideal, um darauf Liebesbriefe zu schreiben. Der Duft des Lavendels zieht besonders Männer an, deshalb handelt es sich beim Lavendelwasser um ein altbekanntes Lockmittel. Allein der Anblick eines blühenden Lavendels vertreibt Depressionen und Trauer und muntert den Betrachter wieder auf. Das Lavendelöl stimuliert unsere Gefühlszentren. Bei stürmischen Gefühlsausbrüchen gibt uns das Öl unsere Kontrolle über uns selbst wieder zurück.

Der Lavendelstrauch wird neben die Rosen gepflanzt. Sie gehen eine Pflanzengemeinschaft ein und die Rosen bekommen in Gesellschaft des Lavendels keine Läuse. Jeder Lavendelstrauch ist eine Augenweide im Garten. Lavendel wird von Naturwesen sehr geschätzt. So ein Lavendelstrauch schafft eine Aura der Gelassenheit und wo immer uns das blaue Wunder des Südens begegnet, denken wir sofort an Ferien, Meer und Erholung.

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